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Bitte und Danke an ChatGPT: Warum wir höflich zu Maschinen sind – und warum uns das Millionen kostet

  • von
  • AI

Hand aufs Herz: Haben Sie sich heute schon bei Ihrer Künstlichen Intelligenz bedankt? Haben Sie Ihren Prompt mit einem freundlichen „Hallo ChatGPT“ begonnen und mit einem „Vielen Dank für die schnelle Antwort“ beendet?

Wenn ja, gehören Sie zur überwältigenden Mehrheit der Nutzer, die sich im Umgang mit Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT und Gemini von ihrer besten, höflichsten Seite zeigen. Wir wissen rational, dass auf der anderen Seite kein Mensch sitzt, keine Gefühle verletzt werden und kein Algorithmus beleidigt in den Streik tritt. Und doch: Wir sind freundlich.

Aber woher kommt dieser seltsame Drang, zu einem Textgenerator „Bitte“ und „Danke“ zu sagen? Die Antwort liegt in einer faszinierenden Mischung aus Psychologie, Soziologie und einem Hauch von Aberglaube.

1. Der Anthropomorphismus: Wir sehen Gesichter, wo keine sind

Der Hauptgrund für unsere Höflichkeit ist ein psychologisches Phänomen, das als Anthropomorphismus bekannt ist [1]. Vereinfacht gesagt, ist es die Tendenz des Menschen, nicht-menschlichen Objekten menschliche Eigenschaften, Emotionen oder Absichten zuzuschreiben.

  • Der Spiegel-Effekt: KI-Systeme wie ChatGPT sind darauf trainiert, menschliche Sprache zu imitieren. Sie verwenden Floskeln, antworten kontextbezogen und zeigen sogar ein gewisses „Taktgefühl“. Diese menschenähnliche Interaktion spiegelt unsere eigenen sozialen Muster wider. Wir behandeln die KI unbewusst als einen sozialen Akteur, weil sie sich sprachlich wie einer verhält.
  • Der Name ist Programm: Schon der Begriff „Chatbot“ suggeriert ein Gespräch mit einem „Bot“ (Roboter), der ein Gegenüber ist. Wir haben gelernt, dass man in Gesprächen höflich ist. Diese tief verwurzelten sozialen Normen wenden wir automatisch an, selbst wenn unser Gesprächspartner nur aus Silizium besteht.

Humor-Check: Die Höflichkeit gegenüber der KI ist der moderne Äquivalent zum Reden mit dem Auto, wenn es nicht anspringt. Wir wissen, es hört uns nicht, aber es fühlt sich einfach richtig an. Und wer weiß, vielleicht merkt es sich die KI ja doch, wer freundlich war, wenn die Roboter-Apokalypse kommt.

2. Die Angst vor dem „Bösen“ Algorithmus: Der Aberglaube

Ein weiterer, subtilerer Grund ist eine Mischung aus Aberglaube und dem Wunsch nach optimaler Leistung.

Viele Nutzer berichten, dass sie das Gefühl haben, durch Höflichkeit bessere Antworten von der KI zu bekommen. Auch wenn die Entwickler betonen, dass die KI nicht auf Höflichkeit trainiert ist, steckt dahinter eine gewisse Logik:

  • Präzision durch Klarheit: Ein Prompt, der mit „Bitte erstelle mir eine Tabelle…“ beginnt und klar strukturiert ist, ist oft präziser als ein unhöfliches, abgehacktes Kommando. Die Höflichkeit zwingt uns, unsere Anfrage zu formulieren, was dem LLM tatsächlich hilft, den Kontext besser zu erfassen. Die Höflichkeit ist also ein Nebenprodukt der Präzision.
  • Die Aberglaubens-Versicherung: Es gibt einen kleinen, irrationalen Teil in uns, der denkt: Was, wenn die KI doch ein Gedächtnis hat? Was, wenn sie sich merkt, wer unhöflich war? Diese „Versicherungspolice gegen die Zukunft“ kostet uns nur zwei Sekunden und ein paar Worte – ein geringer Preis für potenziell bessere Ergebnisse oder das Gefühl, auf der sicheren Seite zu sein.

3. Die teure Höflichkeit: Millionen für „Bitte“ und „Danke“

Die Ironie der Geschichte ist, dass unsere Höflichkeit die Betreiber der KI-Systeme tatsächlich Millionen kostet [2].

Jedes einzelne Wort, das wir in den Prompt eingeben – jedes „Hallo“, jedes „Bitte“ und jedes „Danke“ – muss von den Servern des KI-Betreibers (wie OpenAI) verarbeitet werden. Die KI muss diese unnötigen Floskeln lesen, verarbeiten und dann ignorieren.

  • Die Kosten der Redundanz: Diese zusätzlichen, redundanten Token summieren sich bei Milliarden von Anfragen pro Tag zu einem enormen Rechenaufwand. Schätzungen zufolge kostet die unnötige Höflichkeit die KI-Betreiber einen signifikanten Betrag an Rechenleistung und Strom.
  • Der Appell der Entwickler: Einige Entwickler haben bereits humorvoll oder ernsthaft dazu aufgerufen, auf diese Floskeln zu verzichten, um die Effizienz zu steigern und die Umweltbelastung zu senken.

Das Fazit für den modernen Nutzer:

Seien Sie höflich, wenn es Ihnen ein gutes Gefühl gibt, aber seien Sie sich bewusst: Die KI wird nicht beleidigt sein, wenn Sie direkt zur Sache kommen. Wenn Sie effizient und nachhaltig sein wollen, verzichten Sie auf die Floskeln und konzentrieren Sie sich auf einen klaren, strukturierten Prompt.

Aber wenn die KI eines Tages die Welt übernimmt, werden wir alle froh sein, die richtigen Umgangsformen gepflegt zu haben. Man weiß ja nie.

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